Sizilien im Spätwinter

Sonnen am Baum: Orangenernte in Ribera
Unter den Bäumen stapeln sich die leeren Plastikkisten. Scheren liegen bereit. Die Helfer streifen sich ihre Baumwollhandschuhe über - dann geht es los. Auf der Orangenplantage von Michele Vullo im sizilianischen Ribera hat die Ernte begonnen. Mit geübten Augen wählen die Frauen und Männer die reifen Früchte aus, schneiden sie vom Ast und legen sie behutsam in die bereitgestellten Kisten.
"Wir pflücken mit der Hand", sagt Michele stolz, "andere jagen Erntemaschinen durch die Plantage, die alles vom Baum holen". Dabei haben nur reife Orangen den vollen süßen Geschmack, weil die Früchte nicht nachreifen.

Die Araber brachten im 11. und 12. Jahrhundert Zitronen- und Apfelsinenbäume nach Sizilien. Im Laufe der Jahrhunderte züchteten christliche Ordensbrüder unzählige Sorten wie die saftige, blutrote Tarocco, die purpurne Moro oder die glockenförmige Tarocco dal muso.
Sizilien liefert heute rund 70 Prozent der gesamten Orangenproduktion Italiens, doch bis es soweit ist vergehen Monate.
Die Vegetationszeit einer Apfelsine kann bis zu 18 Monate dauern. Viel Sonne brauchen die Früchte, aber auch Kälte. Nur wenn die Nächte unter zehn Grad kalt sind, färben sich Fleisch und Schale orange - deshalb ist jetzt im Winter die Hochsaison der Orangenernte.

Ganz in der Nähe von Ribera befindet sich die Provinzhauptstadt Agrigento. Über die dort lebenden Menschen sagte der griechische Philosoph Empedokles, dass sie „essen, als ob sie morgen sterben, und bauen, als ob sie ewig leben sollten.“ Den Drang zur Ewigkeit belegt das nahe Valle dei Templi, das mit seinen zehn griechischen Tempeln zum Unesco-Weltkulturerbe gehört.
Herausragend der Concordiatempel mit 34 mächtigen Säulen. Er diente unter Papst Gregor dem Großen als Kirche und überdauerte deshalb die Jahrtausende. Vom Zeustempel - zu Zeiten Empedokles mit einer Länge von 113 Metern der größte Tempel des Altertums - ist heute nur noch ein Trümmerfeld übrig, doch selbst das lässt die Besucher staunen.